Drinnis vs. Draussies

Es gibt ihn. Den kleinen Unterschied. Die Menschheit teilt sich jedoch nicht wie so oft behauptet in Frau & Mann, Schwarz & weiss oder in solche die Mathe kapieren oder eben nicht, sondern in Drinnis und Draussies. 


Du liebst dein Sofa, hasst nasse Füsse und scheust jegliche schweisstreibende Angelegenheit? Klarer Fall von Drinni. Du investierst gutes Geld in Gore-tex Jacken, beherrscht die Kunst des Open-Air-Erleichterns und ernährst dich gern von Tütensuppen und Instant-Pasta? Herzlichen Glückwunsch, du bist ein Draussi. 

Ein guter Ort um etwas Übung im Erkennen von Drinnis und Drausis zu bekommen ist Puerto Natales, das Tor zum Torres del Paine Nationalpark. Hier tummeln sich Menschen aus aller Welt (oder alle privilegierten Menschen der Welt) um sich für die bevorstehende Vier- bis Fünftägige Wanderung (dem W-Treck) vorzubereiten. Während die Draussis mit teurem und nützlichem Equipment angereist sind, rennen die Drinnis wie ein Hühnerhaufen umher um Notwendiges auszuleihen und aus der vorhandenen Lebensmittelauswahl einen halbwegs akzeptablen Proviant zusammenzustellen.



Die Gespräche der beiden Lager drehen sich entweder um die Notwendigkeit von Feuchttücher oder eben um die neueste Ausrüstung und deren Vorzüge im lokalen Klima. Prestige macht auch vor Outdoor-Aktivitäten nicht halt. Irgendwie doch eine ironische Entwicklung! Im Bus Richtung Park sitzen dann wieder alle im gleichen Boot. Jeder, egal ob Turn- oder Luxustrekkingschuh, hofft auf gutes Wetter, wenn möglich kein Regen und vorallem nichts vom starken, berühmt berüchtigten Wind. 

Bei Ankunft werden dann aber von den Draussis doch sofort die Ultra-Leichtgewicht Wanderstöcke ausgepackt um die Drinnis in einer Staubwolke ihrem eigenen Schicksal zu hinterlassen. 

Unnötig zu sagen dass Henrik und ich zur letzteren Gruppe gehören. In Jogginghose und Regenjacke erklimmen wir mit einem krüppeligen Holzstock schwer bepackt die ersten Höhenmeter und legen uns nach drei h bergauflaufen erst mal in unser Zelt. Schlafen. Drinnis eben.

      






Den allseits umschwärmten Sonnenaufgang an den Las Torres (Die Türme) können wir aufgrund einer unauffindbaren Taschenlampe nicht geniessen und verkrümeln uns lieber wieder in den kuschlig-warmen Schlafsack. Damit entkommen wir den Massen und haben die 2800m hohen Felstürmchen nach steilem Aufstieg ganz für uns alleine.


 Las Torres

 

Faulheit kann man uns absolut nicht vorwerfen. Bei strahlendem Sonnenschein, null Wind und wenig Wolken wandern wir 10h lang bis zum nächsten Camp, passieren spiegelnde Seen, schneeweisse Gipfel und glasklare Bäche. Unsere Umgebung ist so wunderschön dass ich wie ein Hans-guck-in-die-Luft ständig über meine eigenen Füsse stolpere, wofür ich von vorbeirauschenden Draussis natürlich verächtliche Blicke kassiere. Wer wills mir übel nehmen?









 






Keine Blasen - juhuuu! Dafür aber Muskelkater vom Feinsten. Ein Massage wäre jetzt ganz nett oder ein heisser blubbeliber Whirlpool. Mhhhhh. Aber nein wir müssen uns stattdessen ja schwerschnaubend die letzten Hügel hinaufschieben. Beim Anblick des Grey Gletschers sind wir müde und dreckig und glücklich. Unsere wohlverdiente Pause verbringen wir damit die Eisberge zu bestaunen und dem riesigen Gletscher beim Arbeiten zuzuhören. Ein grollendes minutenlanges Donnern ist zu hören wenn wieder irgendwo eine Eismasse in Bewegung ist oder gar ins Wasser fällt. Drinnis wie Draussis sind sich einig und lächeln glückseelig.


 


Unser letzer Tag ist mit nur 4h Laufzeit vergleichsweise ein Spaziergang und bietet uns jede Menge Gelegenheit unsere Wanderung zu reflektieren. Jippieh! Wir haben den nicht zu verachtenden W-Trek auch ohne teure Profiausrüsrung geschafft!!! Stolz wie Bolle, nach Abenteuer duftend (wir sind dreckig und stinken) mit Gedanken schon beim Feierabendbier begegnen wir zwei herausgeputzten, stark parfümierten Mädels und werfen uns amüsierte Blicke zu. Gegen die zwei Frischlinge sind ja sogar wir wahre Draussis!

    W!

   Bye bye Torres del Paine!







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