Yursi heisst unser Guide der mit einem Säbel alles kurz und klein haut was uns irgendwie im Weg sein könnte. Tiger, Elefanten oder Wildschweine gehören nicht dazu. Kein wildes Tier vor dem man Angst haben müsste lässt sich blicken. Das ist auch gar nicht nötig, denn das blutrünstige Böse hat einen anderen Namen: LEEEEECHEEEE! Blutegel oder Drecksbiester, wie Henrik und ich sie inzwischen benennen. Die kleinen Bastarde schlüpfen unbemerkt in die Schuhe, beissen sich durch die Socken hindurch und schlürfen gierig das Blut ihres Opfers bis sie rund und fett sind. Ich sags doch - Drecksbiester!
Kuala Lipis
Der erste Blutegel der meine Socken blutrot färbt ist eine eklige Sensation, nach zwei Tagen Dschungeltrek dann aber eher ein lästiges Übel. Man zappelt dann nicht mehr und schreit "Ihhhhh!!!!" sondern sagt genervt "Leches!", bückt sich unter den ungeduldigen Blicken der Begleiter zu seinen Schuhen, lokalisiert das Drecksbiest und entledigt sich dem zähen Wurm durch festes Ziehen. PLOPP. Und weiter gehts! Henrik wird kreativ attackiert, Kniekehlen und Zehen müssen dran glauben. Meine Füsse werden dafür aber umso öfter angezapft...
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Leeche-Highscore
Henrik = 9 Leeches
Mona = 17 Leeches
* abgewehrte Angriffe liegen im dreistelligen Bereich
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Daraus ergibt sich folgende Urwaldweisheit:
Willst du ungestört den Dschungel rocken -
STECK DIE HOSE IN DIE SOCKEN!
Der Kenong Rimba Park hält viele Schönheiten für uns bereit die die Blutegeltortur verblassen lässt. Zusammen mit unserem Guide und der Dschungelcrew, bestehend aus Kind, Assistent, Koch, Tierstimmenimmitator und Gärtner (wenn man etwas braucht im Dschungel, dann ja wohl den Gärtner?!), bewältigen wir schweisstreibende Treks. Wir stapfen durchs Unterholz, klettern über-unter-auf Felsen, robben bäuchlings durch Höhlenöffnungen, überqueren morsche Hängebrücken, finden Tierspuren, entdecken Höhlenmalereien, wunderschöne Pflanzen und merkwürdige Kleintiere.
Die in Baumriesen beherbergten Vögel, Affen und Heuschrecken machen einen ohrenbetäubenden Lärm, den ich nicht wahrnehme. Mein Herz pocht in meinen Ohren und das Adrenalin spornt mich an, die Felswand immer weiter hinaufzuklettern. Yursi bringt uns zu einer unbekannten Höhle und lässt uns händehaltend im Dunkeln vorankriechen. Eine Ewigkeit später knipst er die Taschenlampe an und wir sind umgeben von etwa 3000 Fledermäusen die aufgeregt um uns herumflattern und fiepsen. WOW! Ich bin geschockt-überwältigt-glücklich-dankbar-aufgeregt. Und natürlich muss mich eines dieser Tierchen auch ankacken. Hat mich dezent daran erinnert, dass das hier kein Traum ist, sondern wunderschön echt. Auch mit Fledermauskot auf der Schulter! Naja. Hätte ja auch ins Auge gehen können.
Junglecrew!
Ob wir einen Babybär sehen wollen? Klar wollen wir! Yursi bringt uns zu den Orang Asli, den Ureinwohnern Malaysias. Die Halbnomaden leben in offenen Zelten mitten im Wald. Mit dunkler Haut und krausem Haar sehen sie eher afrikanisch als asiatisch aus. Sie nicken uns freundlich zu, trotzdem komme ich mir vor wie ein Eindringling. Die offenen Zelte erlauben keine Privatsphäre und bieten freien Blick auf das Familiengeschehen. Ich halte nichts vom Ethnotourismus - Wenn ganze Gruppen in einen Volksstamm einmarschieren der als Attraktion verkauft wird. Die Besucher machen Fotos von den Bewohnern und ziehen wieder ab. Es gibt hier also keine Fotos von den Orang Asli, die freundlich genug sind um uns einen Platz auf dem Holzbett anzubieten. Stattdessen vom Babybär den der Stamm derzeit aufpäppelt. Teddybär ist anders. Der kleine Mann hat Krallen und obwohl wirklich noch klein, Kraft. Henrik will neben einer Schildkröte und 11 Kindern jetzt natürlich auch noch einen Babybär. Sonst noch Wünsche?!
Wenn auch das Essen nicht gerade lecker war und man auf die Blutegel gut verzichten könnte ist der Kenong Rimba Park abseits von allem Massentourismus, eine Art Offenbarung für mich. So viele unglaublich schöne Orte auf dieser Erde, so viel zu entdecken - und so wenig Zeit.
Das Städtchen Kuala Lipis wird zur Zwischenstation bevor es auf die Perhentian Islands geht. Dreckig, verschwitzt und müde kommen wir an und werden Zeuge eines Luftspektakels. Ich habe noch NIE so viele Vögel am Himmel gesehen. Alle Stromleitungen, Fenstervorsprünge, Schilder etc. sind mit Vögeln besetzt. Überall! Was ist hier los? Wir sind viel zu müde um die Antwort herauszufinden und begnügen uns damit hastig die Vogelkot-Todeszonen zu überwinden. Scheint als wär unser Dschungeltrip so schnell noch nicht vorbei...