Den Wind in den Haaren, die Haare im Gesicht und Hundehaare auf meinem Schoß. FREIHEIT. Ich würd ja gern lächeln, aber Haare im Mund sind unangenehm. Die Hundehaare gehören dem dicken müffelnden Bucks der es sich ungefragt auf meinem Schoß gemütlich gemacht hat und seine Schnauze bei jeder Kurve noch tiefer in meine Jackentasche gräbt. Können Hunde eigentlich reisekrank werden? Besser nicht drüber nachdenken ob Hundekotze auswaschbar ist und lächeln. Ahhh, oh nein- Haare im Mund! Kann mal bitte jemand das Fenster zumachen? Auf dem Beifahrersitz geniesst die kleine Poppy mit schlackernden Ohren den Fahrtwind und wird nur durch Hennis festen Griff daran gehindert aus dem offenen Fenster zu fallen. Unser 2-Meter-im-Quadrat Fahrer Jeff zündet sich die vierte stinkende Zigarillo an und heizt die Küstenstrasse entlang als gäbs kein Morgen...
Fragt gefälligst Google wenn ihr schöne, nebelfreie Bilder sehen wollt!
Aye, aye!
Unsere geruhsamen Tage im gemütlichen Coromandel sind gezählt. Fast schon feierlich schreibe ich das Schild mit der Aufschrift Hamilton und mache mich mit Henrik im Schlepptau auf den Weg zur Strasse. Zehn Tage Zeit um unseren nächsten Wwoof-Host auf der Südinsel zu erreichen. Mein Daumen kitzelt. Er will Strassenluft schnuppern.
Jeff entlädt uns stinkend und mit viel Hundehaar, aber immerhin 120 km von unserem Startpunkt entfernt, in Bombay. Jop, Bombay - klingelts?. Warum die Menschheit so unkreativ in Namensgebungen jeglicher Art ist hab ich noch nie verstanden. Das Kaff Bombay stellt sich immerhin als idealer Standort für uns heraus, denn 2 Minuten später sitzen wir im Auto eines viel gereisten Geschäftsmannes. Trotz unseres Hunde-Zigarillo-Aromas und der Tatsache dass er einen Termin 20km von Hamilton entfernt hat, bringt er uns direkt zu unserem Hostel. Sachen gibt's, die gibts nur in Neuseeland!
Wozu der ganze Zirkus? Black-Water-Rafting in Waitomo! Aus 27 Meter in eine Schlucht abseilen, durch schlammige Löcher kriechen, im Dunkeln durch die Höhle raften und Glühwürmchen gucken, den Felsen wieder hochklettern. Macht neben viel Spass auch noch ziemlich müde.
Unsere weitere Hitchhike-Historie bereichern ein bibeltreuer Christ der sich über ein Gesetz auslässt dass Gewalt an Kindern verbietet (ich wiederstehe dem Versuch ihm das Bibelexemplar das hinter der Windschutzscheibe liegt um die Ohren zu hauen), ein Cadillac der Hennis Herz höher schlagen lässt, Strassenarbeiterjungs samt Baustellenfahrzeug und zwei herausgeputzte Oldies auf dem Weg zu einem Pferderennen.
Hitchhiking ist etwas wunderbares! Wo sonst hat man die Möglichkeit auf so viele verschiedene Berührungspunkte mit der Bevölkerung. Auf so viel Abenteuer und Freiheit. Die Freiheit Ja und Nein sagen zu können. Sich keine Gedanken um die Tankfüllung und Erreichen eines Zieles zu machen. Einfach Einsteigen und schauen was passiert. Im Land der grossen weissen Wolke (so nennen die Maoris NZ) geht das problemlos, ihr braucht also gar nicht so besorgt dreinschauen.
Apropos grosse weisse Wolke. Alpine Tongariro Crossing. Aktiver Vulkan. 20 km. Und gefühlte 10.000 Höhenmeter. Wie eine Dampflock schiebe ich mich schnauffend den Berg hinauf nur um am Gipfel von den Wolken um meine Aussicht betrogen zu werden. Verdammt grosse, hartnäckige Wolken. Verlaufen uns weil keine Markierungen mehr zu sehen sind und als ob das nicht genug wäre fängt es an zu regnen. Binnen einer Stunde sind unsere Finger so kalt dass wir keine Banane mehr schälen können (nicht so tragisch), ich meine Schuhe nicht mehr binden kann (naja das ist dann doch etwas ungeschickt) und Henriks Hosenknopf nicht aufbekommen wo er doch mal so dringend für kleine Rockstars muss (das ist dann echt scheisse). Von da an lassen wir es laufen. Rein zeitmässig betrachtet ;-). Von natürlichen Bedürfnissen bedrängt rennen wir den Vulkan auf der anderen Seite wieder runter. Regenwolken und Kälte bleiben uns dicht auf den Versen. Ich hab zwar nüscht gesehen aber einen aktiven Vulkan bestiegen und überlebt. Wenn ich jetzt kein Pfadfinderverdienstkreuz verliehen bekomme dann weiss ich auch nicht.
Vorne Mona, hinten Nebelwand
Noch happy, bald grumpy.
Wo ist Henni?
Das Wetter macht sich auch im Tal breit und unsere Hitchhiking-Pläne fallen dem Regen zum Opfer. Murrend nehmen wir den Bus nach Wellington. Eingepfercht zwischen Ami-Teenies und halb Abi-Deutschland wünsche ich mich in Jeffs Jeep zurück. Das Erstemal Busfahren in NZ soll bitte auch das Letztemal sein.
Blickübersetzung: Schwing deinen Arsch endlich aus der Ladentür und denk gar nicht daran diesen bunten Fummel zu kaufen, klaro?!
Wir streifen windy Wellington nur für einen Stadtbummel und sind schneller als wir gucken können auf der Santa Regina. Die monströse Fähre bringt uns mit allem möglichen Schiffskomfortschnickschnack in 3h nach Picton. Jippieee! - Genug Zeit um das Deck zu erkunden. (Ich liiiiieeeeebe Schiffe!)
Ich stehe am Schiffsbug und halte mich hollywoodmässig an der Reling fest. Den Wind in den Haaren, die Haare im Gesicht und Haare im Mund. FREIHEIT. Ich lächle nicht mehr. Mir ist beim ersten Anblick der Südinsel einfach nur die Kinnlade runtergefallen.