Schrubben macht glücklich!

Leicht nervös tippe ich die Anmeldedaten ein. Wird schon nicht so schlimm sein! Oder doch?

Leichtes Schwitzen, tiefer Einsauggeräusch-verursachender Atemzug, und abrubtes Luft anhalten. Die Seite lädt dank lahmem W-Lan sekundenlang und spuckt dann schliesslich doch rücksichtslos die kleinen schwarzen Zahlen aus, über die man so gerne überhaupt nicht nachdenken würde. Kontostand. Ein Wort das zusammen mit Durchfall und schimmeligem Handtuch auf einer Liste mit noch vielen anderen Dingen steht, die man als Reisender so gar nicht mag.



Der Kontostand ist die unsanfte Erinnerung daran, dass die Reise irgendwann ein Ende haben wird oder eben zumindest das Geld dafür. Einziges Gegenmittel: Arbeiten. Das soll in Neuseeland ja, so hört man es überall, überhaupt kein Problem sein. Stimmt. Nur von dem naiven Gedanken ich könnte hier eine Anstellung im Marketing finden darf ich mich sogleich verabschieden. Fruitpicking, Housekeeping oder Constructionwork sind die Auswahl des Backpackers der für ein paar Wochen harte Arbeit einen Niedriglohn erwarten kann.

Wir finden eine Anstellung gegen Essen und Unterkunft im Fox Glacier Inn um Geld zu sparen und um uns in Ruhe nach einem bezahlten Job umsehen zu können. Die Arbeit besteht größtenteils aus Betten machen und Klos putzen. Ich hatte schon aufregendere Jobs. Die einzige Herausforderung besteht in der "Asien-Invasion" wie unser Chef Shane sie nennt. Ein Bus voller Chinesen rollt dann auf den Hof und innerhalb von Sekunden steht die Bude Kopf. Dann wird jeder Türknauff fotografiert, Essen in den Teppich getrampelt und Zimmer verwüstet. Irgendwer räumts ja schliesslich wieder auf... Meine Lieblingsbeschäftigungen im Fox Inn: Gäste einchecken und allen erzählen wie schön der Gletscher ist obwohl ich noch gar nicht dort war (Vorgabe vom Chef) und Bier an unrasierte Farmer ausschenken die mir in ihrem Kiwikauderwelschenglisch irgendetwas über Kuh-Besamung erzählen wollen.

   Was macht man nicht alles für einen Teller Pommes-Reis!


  Weihnachtsstimmung? Ähhh...nee?!


    


    Holzkunst die...irritiert?!


    Das weisse da hinten! Der Fox Gletscher!




 Kurz bevor wir in die typische Ess-Schlaf-Arbeit-Routine verfallen können kommt der erlösende Anruf. "Youguysgonnahavesomefunintheairicantellyou".  Äähhh, WAS?. Chef spricht mal wieder in Lichtgeschwindigkeit. Fragendes Gesicht aufsetzen und warten. Er seufzt. Armer Mann. "You guys gonna do ya skydive in about 5min, get ready!" sprachs und laueft mit eiligen Schritten davon. Ich bin hellwach, schnappe mir meinen Henni und sitze eine halbe Stunde später in einem Propellerflugzeug über den Wolken (aijaijaijaaa). Direkt an der Ausstiegsluke habe ich einen fantastischen Blick vom leuchtenden Gletscher bis zum glitzernden Meer und während ich -zappelndes, aufgeregtes Nervenbündel - an meinen Buddy festgeschnallt werde, bekomme ich von Henni zum Abschied noch ein Highfive. Luke auf, tief einatmen, Luft anhalten "ready, steady, go!" und dann dreht sich irgendwie schon alles. Ahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh. Was mir vorkommt wie 5 Sekunden sind in Wahrheit 50 Sekunden freier Fall in denen ich permanent schreie ohne Luft zu holen. Der Fallschirm öffnet sich und mit einem Ruck ist "oben und unten" wieder da wo's hingehört. Wow. Man kann alles was Flügel hat einfach nur beneiden! Eine grinsende Mona landet nach dem grinsenden Henni auf der Wiese und zusammen kommen wir endorphintriefend im Hostel an. "Jollygood!" sagt der Chef und schickt uns sogleich zum Kloschüssel schrubben. Das Leben ist manchmal wirklich eigenartig.



So ein Fallschirmsprung ist nicht ganz billig. Das Geld das wir uns eigentlich sparen wollten hat sich einfach buchstäblich in Luft aufgelöst. Über meine Kontotstandpanik muss ich trotzdem lachen. Man lebt schliesslich nur einmal und es gibt kein zurück. Ab nächster Woche werden wir füs Putzen auf einem Campingplatz immerhin bezahlt. Wir werden mindestens 4 Wochen in unserer Emma wohnen, die wir dafuer extra fachmännisch mit mehr Liegefläche aufgerüstet haben. Reich werden wir dort sicher auch nicht, aber wenn ich mir von diesem Geld mein Reiseglück auch nur um ein klein wenig verlängern kann... IMMER HER MIT DER KLOBÜRSTE!

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