Küchengurus, Kathakali und "Kein Stress!"

Eine Stadt die alles vereint: Kochi in Kerala. Der Südstaat ist soviel anders als das Indien das man im Hinterkopf hat. Männer in Leinenröcken, Kirchenglocken in der Früh und eine Hamburger Hafenatmosphäre wirbeln mein Indienbild mal wieder durcheinander.


Den frischen Fang der chinesischen Fischernetze kann man direkt am Pier erstehen und nach belieben braten/kochen/schmoren lassen. 5 Mann sind nötig um die Holzkonstruktionen am Strand zu bedienen, obwohl nur ein paar Fischchen im Netz zappeln. Die perfekte Idylle wird von einem riesen Frachtschiff und dem lauten BobMarley-Festival ein wenig getrübt. Trotzdem bin ich ganz aus dem Häusschen als ich Delfine im Hafen und Streetart an der Festungsmauer entdecke. Da bekomme ich fast feuchte Augen. Okay...ich HABE feuchte Augen. Glücklich und Indienerschöpft wie ich bin darf ich das auch.




Nachdem ich es geschafft habe Henrik zur Kathakali-Tanzaufführung zu schleppen, sehen wir beide ein bisschen aus wie mein ehemaliger Mitbewohner aus Berlin dem ich versucht hatte die schwäbisch-allemannische Fasnet zu erklären: Ein wenig irritiert und verunsichert mit einem Blick der soviel sagt wie "AHA....okay?!". Der Dämonentanz wird mit bunten Kostümen, lauten Trommeln, Hindugesang und viel Mimik umgesetzt. 
Wir sind Kultur-geschockt und nun auch ein wenig hörgeschädigt...


Mein erster Küchenguru in Indien ist Lulu. Wie ein kleiner General schreitet sie durch ihre Küche und gibt Befehle während sie sich mit ihrem Küchensäbel gelegentlich am Rücken kratzt. Mit meiner 4-Mann Kombüsencrew lerne ich wie man scharfes Fischcurry und vegetarische Beilagen kocht und diese mit entsprechenden Masalas (Gewürzmischungen) verfeinert. Auf meine Frage hin ob die Gerichte auch ohne die Unmengen Zwiebel und Knoblauch schmecken bekommt sie gaaanz grosse Augäpfel und plustert ihren kleinen pummligen Körper auf, womit sie beinah so gross ist wie ich und sagt: "We're in India!!!" Also kein leckeres Fischcurry für Henrik der jede Knoblauchzehe meidet wie der Teufel das Weihwasser. Womit wir also schon bei der Frage wären - Wer stellt mir seine Küche im Gegenzug eines keralischen Menüs zur Verfügung und nimmt sich danach wegen Knobifahne und Küchenschlachtfeld mindestens 2 Tage frei? 



Wir lassen es uns ansonsten recht gut gehen im friedlichen, fast europäischen Kochi. Kein Hupkonzert das den nächsten Tinitus heraufbeschwört, keine Kuhexkrementhindernisse auf dem morgendlichen verschlafenem Weg zur "German Bakery" (fragt nicht! Brot ist was anderes!) und allerfeinste Tees mit Schokokuchen im Cafe Teapot. Zwei Könige in Indien!