"Aahhh" mach ich. "Very pain?" fragt die kleine Mrs. Sareeth, "Yes, yes it's painfull!" sage ich und anstatt aufzuhören an meiner Wadenmuskulatur (haha) zu kneten spornt sie das nur an mich noch weiter zu quälen. Hätte ich bloss die Klappe gehalten denke ich bevor ich wieder in Trance massiert werde. Jammern auf hohem Niveau nennen es die einen. Ayurveda-Massage die anderen.
Dabei hat alles so schön angefangen. Warmes Öl, beruhigende Musik, eine Mrs. Sareeth die meine Zehen festhält und "Shivaaaaiaiaahaaa" singt. Ob sie wohl den Hindu Gott der Zerstörung um Vollendung bezüglich meiner Füsse bittet? Keine Ahnung! Nach 7 Wochen Indien in Flip-Flops ist Varkala auf jeden Fall eine Erlösung, nicht nur für meine Füsse.
Rote Klippen, weisser Sandstrand, Frühstück direkt am Meer, frischer Fisch mariniert aus dem Tandoor-Ofen, Pilger die die Asche ihrer Verstorbenen ins Meer streuen, Sonne, Palmen, Hängematten. Alle Annehmlichkeiten eines Touristendaseins inklusive Toilette "Westernstyle" und Nivea Sonnencreme im Strandshop (Aus dem ich wegen Ratte im Regal erst einmal kreischend flüchte. Der Besitzer lacht mich aus). Wir machen also Urlaub vom Indienurlaub. Auserdem werde ich 3 Tage lang jeden morgen 2h lang ins Nirvana massiert. Neidisch?
"Paaaaaaiiiin!", "Yes Madam, Pain!" "Softer pleeeaaasse!" "No Madam, because of pain!"
Da denkt man, achja so ne Massage wär doch nett, buch ich doch gleich mal 3 Tage am Stück und was hat man davon? "Paaaaaiiin!"
Wer mich jetzt Weichei nennt darf gerne mal mit indischen Super Deluxe Bussen durchs Land fahren und sich danach die "Schlaglochknoten" aus dem Rücken massieren lassen. Jaaa ich weiss - selbst schuld ;-)
Das einzige was uns daran erinnert tatsächlich in Indien zu sein ist der ständige Stromausfall und die junge indische Upperclass, die betont westlich die Promenade entlangstolziert.
Bier wird hier dezent in Teekannen serviert oder in Zeitungspapier eingewickelt (darf aber aus religiösen Gründen nicht auf der Karte stehen), ich darf mein rückenfreies Kleid anziehen und die Menschen sind hilfsbereit und nett. Ein wahres Paradies. Auch für Henni: das Championsleaguefinale wird in einem der Beachcafes gezeigt...pfffff - MÄNNER! Wenigstens tut Fussball gucken nicht weh.
Ein Kanutrip in die Backwaters holt uns für einen Tag aus der Strandroutine und lässt uns staunen. Die Kokosnuss gibts frisch aufs Boot und wird sogleich ausgelöffelt (ist innen glibrig und schmeckt irgendwie so gar nicht nach "Kokosnuss").
Unser Fährmann zeigt uns nicht nur Papayas, Ananas und viele andere Früchte, sondern auch wo der Pfeffer wächst...
Zwischendurch ducken wir uns für niedrige Brücken oder winken wäschewaschenden Frauen. Das Wasserstrassenlabyrinth beschert uns 4 ruhige, unvergessliche Stunden die wir dank Off-Season ganz für uns alleine haben.
Was gibts sonst noch Neues von der Tourifront Varkala?
Die Wellen sind hoch und die Unterströmung gefährlich stark. Ich schlage mir gleich mal meine Knie am Meeresboden auf. Riesige Wasserschlangen gibts auch noch! Und die Hunde am Strand fressen derweil unsere Bücher auf... Ahhhh ich mag Strand.
Meine Haare schreien nach Friseur. Danach schreie ich. Nach der Hennafärbung "braun" leuchtet mein Haarschopf mit meinem roten Strandtuch um die Wette. Hilfe?! Ist hier jemand Friseur?
Hier gibts allen ernstes NU-TEL-LA! Kaufen uns gleich ein sündhaft teures Miniglas und schmuggeln es auf unsere Toastbrote. Woaaahhh! Ist das lecker! (An alle die prophezeit hatten ich würde trotz meines niegalnagelneuen Pescetarierdaseins die Wurst vermissen - schmiert euch eure Wurst aufs Brot! Ich hab Nutella!!!)
Verzweifelte weisse Hausfrauen die sich einen jungen Inder in der Hoffnung auf Kamasutrakenntnisse schnappen? Hört sich nach RTL2 an, ist hier aber Wirklichkeit.
Ausnahmsweise möchte ich nicht in seiner Haut stecken: Henni wird im Dorf von einem alten Mann abgeknutscht.
Das Wetter ist fabelhaft und meine Strandlektüre "The White Tiger" von Aravind Adiga ein sehr empfehlenswertes Buch, auch für alle Indienneugierige!
Ich mach dann mal wieder Urlaub vom Urlaub...