Puderzucker & Steinstaub


"Noch ein Schokocroissant! Oder ne halt! Eine Quiche! Oh mein Gott!!! Es gibt Eclairs!!!" Love-Handles hin oder her, wer weiss schon wann wir das nächste mal wieder richtige französische Leckereien bekommen? Pondicherry ist sicher die authentischste Ausnahme in ganz Asien. 




Die Franzosen haben eine schachbrettartig angelegte Stadt am Golf von Bengalen hinterlassen, die ein alter Kanal in das "Ville blanc" und "Ville noir" trennt. Nicht schwer zu erraten wo die  vornehme französische Gesellschaft ihr Leben verbracht hat. Die Strassen des "Ville noir" sind das üblich indisch stinkende Kunterbunt mit chaotischem Verkehr, Strassenständen und Bettlern, während das "Ville blanc" direkt am Meer mit seinen weissen Bauten eine sehr ruhige und mehr oder weniger gepflegte Atmosphäre versprüht. Sogar die Strassenhunde sehen hier eine Spur gesünder aus. Wir haben also den grossen Vorteil uns aussuchen zu können ob wir lieber in Indien oder in Frankreich frühstücken wollen.






Mehr wegen der Lage direkt am Hafen, weniger wegen der Lebensphilosophie kommen wir in das Gästehaus des Aurobindo-Ashrams. Während sich Henrik noch durch die Anmeldeformulare wälzt, darf ich mit Herrn Schlüsselboy das Zimmer besichtigen. Überall findet man Ratschläge und Zitate von Aurobindo - zum schlafen, zum atmen, zum Wassertrinken und rund um den Sinn des Lebens. Die vielen Zimmer tragen alle eigene Namen. Der Schlüsselboy führt mich vorbei an "Perfection" (war ja klar), "Silence" (besser so) an "Beauty" (okay DAS nehm ich ihm übel) und hält schliesslich bei "Creativity" (BINGO!). Das Zimmer ist riesig, sauber und hat einen tollen Balkon mit Blick aufs Meer und den schönen Garten. 

Der Garten ("The Garden of good Vibrations") ist ein einladendes Grün mit Biotop, Steinpavillon und Meditationselementen. Weil das mit der Erleuchtung etwas kurzfristig werden könnte laufe ich einfach nur barfuss über den grünen Rasen und schwelge in Erinnerungen an den vergangenen Sommer im Karlsruher Schlossgarten. Weil das besser ist als jede Ayurvedische Fussmassage laufe ich eine halbe Stunde lang einfach nur im Kreis.
Henrik schaut mir vom Balkon aus zu und denkt sich sicher "Meine Freundin hat nicht alle Latten am Zaun".



Ameisen im Zimmer sind ja nix Neues für uns, aber die Massenveranstaltung am Türrahmen finden wir dann doch ein wenig unheimlich. Als ich das Problem an der Rezeption erwähne ist die Antwort "Make friendship!". Ähm okay. Ich verspreche es auszuprobieren. Ich begrüsse meine neuen kleinen Freunde ganz herzlich beim Betreten des Zimmers  und versuche zu verdrängen, dass ich Leute kenne die Ameisen mit Schokoüberzug essen. Auf einen Schlag habe ich jetzt ein ganzes Ameisenvolk zum Freund. Ist das nicht super?

Doch dann heisst es Au revoir Ameisenvolk und Pondicherry, auf nach Mamallapuram. 

Steintempel, Felsreliefs, Steinmetze die riesige Shivafiguren hauen... Mamallapuram könnte auch Henniwonderland heissen. In der unerträglichen Hitze machen wir uns auf den Weg die Gegend und deren Kunstwerke zu erkunden. Die Reliefs sind unglaublich schön und die Tempel bemerkenswert wenn man bedenkt dass diese direkt in den Fels gehauen wurden. Die Sicherheitsvorkehrungen in den Werkstätten sind phänomenal: Sicherheitsflipflops und unsichtbare Absauganlagen für den Steinstaub lassen vermuten dass die Steinmetze nicht die höchste Lebenserwartung haben.

Todesmutig wie wir sind, mieten wir uns noch 2 Fährräder und machen Bekanntschaft mit dem Linksverkehr. 
Es versteht sich von selbst dass wir von allen Seiten angehupt werden. Hupen ist wahrscheinlich so ziemlich das erste was jeder Fahrschüler hier lernt. Je penetranter desto besser. Mal den Touris ordentlich das Trommelfell versohlen, der Traum eines jeden indischen Busfahrers...






Die Zeit rast. Schon sitzen wir im Flieger von Chennai nach Kolkata (oder von Madras nach Kalkutta wie es früher hieß) unserer letzten Indienstation. Kalkutta ist für uns wie "Einmal Indien zum Mitnehmen, bitte!" 
Was man dann serviert bekommt, liest man hier demnächst!